Das Leben nach dem Krieg

Plötzlich, nach über vier Jahren, habe ich wieder Muße, bin aus dem flüchtenden Heer kapitulierenden Heer ausgeschieden. Die kleine Stadt in der Magdeburger Börde hat mich wieder aufgenommen. Drei lebhafte Kinder, das alte Haus, der obstbaumbestandene Garten sind zu besorgen, Hühner gackern im Hof, für die Ziege muss von irgendwelchen Feldrainen Gras geschnitten werden. Zuckerrüben werden von den Feldern nachgestoppelt. ..
Ich fange an, dort wo ich vor dem Kriege aufgehört habe. Herbstliche Nebel, menschenleere Straßen, Eltern und Kinder am wärmenden Kachelofen, Kinderreime. Man fängt an, im Spiel mit den Kindern zu heiterer Gelassenheit zu finden. Gemeindeschwester Friedchen bringt einen neuen, alten Reim mit. Kein Leben in den Wäldern, aber die Suche nach Wahrheit und Klarheit, die Spur zum wirklichen Leben wird wieder aufgenommen. Ich finde noch Hirnholz-Druckplatten, auch Holzstichel und feine Schneidemesser. Druckfarbe und etliche Bogen vom unersetzlich kostbaren Druckpapier erlauben einige Handabzüge von den fertig geschnittenen Druckstöcken.
Als ich sechzehn Abbildungen zusammen habe, gehe ich in die kleine Druckerei von Metzner und Lohmann am Markt (1947). Der macht von den Holzstichen Bleimatritzen und druckt dreitausend Bücher. Dann ist kein Papier mehr aufzutreiben. Die Bücher sind schnell im Umkreis bis Quedlinburg und Halberstadt abgesetzt. Bald besitze ich selbst nur noch einige Exemplare. Zum Schluss bleibt mir ein einziges übrig. Das habe ich vor mir.
Die Holzstiche haben sich nach meiner Umsiedelung nach Hannover irgendwo in Spalten und Ritzen versteckt. Einige habe ich noch.

Der junge Jochen Köhn hat aus den noch vorliegenden Drucken Siebdrucke hergestellt. So haben wir die Kinderreime in einer Auflage von 25 Stück aufgelegt.